„Was soll denn sein?“, „Keine Ahnung, wovon Du redest!“, „Ich bin nicht sauer, es ist nichts“, sind typische Antworten von Menschen, die sich passiv-agressiv verhalten. Und das ist ein Verhalten, das Beziehungen in höchstem Maße strapaziert – wenn nicht sogar überstrapaziert. Denn es ist Gift für jede Form der Kommunikation, sorgt für Stress und Anspannung. Daher ist es wichtig, das Problem zu erkennen und anzusprechen.
Was ist passive Agressivität?
Passiv-aggressives Verhalten ist eine Form von versteckter Agression, die sich durch widersprüchliche, feindselige und negative Botschaften ausdrückt. Passiv-agressive Personen drücken negative Gefühle auf subtile und unangemessene Weise aus, anstatt sie offen anzusprechen. Das erschwert den Umgang mit ihnen und steht einer aktiven Auseinandersetzung und Konfliktklärung maximal entgegen. Denn: Was nicht ausgesprochen wird, kann nicht geklärt werden.
Den Begriff passiv-agressiv geht vermutlich auf den US-amerikanischen Arzt und Psychiater Colonel William Menninger zurück, der im zweiten Weltkrieg sah, wie Soldaten Befehle indirekt verweigerten, indem sie so taten, als hätten sie sie nicht verstanden oder vergessen. Stattdessen äußerten sie Ironie oder Sarkasmus und lästerten über die Vorgesetzten, wenn diese das nicht mitbekamen.
Wie entsteht passiv-agressives Verhalten?
Die Ursachen für passiv-aggressives Verhalten sind nicht ganz eindeutig geklärt. Es gibt einige Faktoren, die zur Entwicklung der Verhaltensweise beitragen können. Dazu gehören:
- Traumatische Erlebnisse, die zu Angst, Misstrauen oder geringem Selbstwertgefühl führen
- Lebensbedingungen, die wenig Spielraum für Selbstbestimmung oder Kreativität lassen
- Genetische Merkmale, die die Persönlichkeit oder das Temperament beeinflussen
- Unzureichendes Selbstwertgefühl
- Unverarbeitete Kränkungen
- Sich Konflikten nicht gewachsen fühlen
- Gefühl von privater oder beruflicher Überforderung
- Mangelnde Fähigkeit zur Selbstreflexion oder Kommunikation
Passiv-agressives Verhalten in Beziehungen
Einen passiv-aggressiven Partner zu erkennen, ist nicht immer einfach, da das Gegenüber die negativen Gefühle versteckt oder indirekt ausdrückt. Folgende Anzeichen können darauf hinweisen, dass Sie es mit einem passiv-agressivem Partner zu tun haben:
- Er oder sie meidet die direkte Konfrontation
- Er oder sie geht Konflikten aus dem Weg
- Er oder sie ist nicht kompromissbereit und stellt sich stur oder trotzig
- Er oder sie verweigert eine Aussprache und blockiert die Kommunikation
- Er oder sie macht andere für seine oder ihre Fehler verantwortlich
- Er oder sie zeigt sich rigide und unflexibel
- Er oder sie sieht sich selbst als Opfer der Umstände
- Er oder sie ist oft sarkastisch, verletzend und zynisch
- Er oder sie macht abwertende Bemerkungen über Sie oder andere
- Er oder sie verbreitet Gerüchte, redet hinter Ihrem Rücken schlecht über Sie
- Er oder sie plant Intrigen oder stellt Sie vor anderen bloß
- Er oder sie vergisst wichtige Termine oder Angelegenheiten scheinbar zufällig oder kommt ständig zu spät
Oft zeigt sich in Beziehungen auch Pseudohumor, wonach eine deplatzierte oder verletzende Bemerkung anschließend als Spaß dargestellt wird.
Beispiel: Alex und Sarah
Alex und Sarah sind ein Paar. Alex ist unzufrieden mit Sarah. Er fühlt sich bevormundet. Aber anstatt dies offen anzusprechen, zeigt Alex passiv-aggressives Verhalten. Wenn Sarah Alex um Hilfe im Haushalt bittet, ignoriert er ihre Bitte zunächst, denn er möchte ja nicht bevormundet werden. Wird er daran erinnert, ist er genervt, führt die Tätigkeit dann zwar aus – dann aber extra langsam, bockig und absichtlich unvollständig. Damit versucht er, seine Unzufriedenheit auszudrücken, statt seine Gedanken „Ich brauche niemand, der mir sagt, was ich zu tun habe“ offen zu kommunizieren.
Merkmale passiv-agressiver „Strategien“ in Beziehungen
Meist greifen Menschen auf eine Handvoll „Taktiken“ zurück, wenn sie sich passiv-aggressiv verhalten. Dazu gehören:
- Sich dumm stellen: Jemand gibt vor, sich nicht an eine Absprache zu erinnern, oder entgegnet, dass etwas so gar nicht abgemacht gewesen sei.
- Pseudohumor: Man stellt eine eigentlich verletzende Aussage als Spaß und das Gegenüber als Spielverderber dar, wenn er oder sie das nicht witzig findet.
- Hinter dem Rücken lästern: Ohne dass eine Person das mitbekommt, spricht jemand schlecht über sie.
- Jemanden bloßstellen: Jemand bringt eine andere Person vor Dritten in eine peinliche Situation.
- Den Spieß umdrehen: Wird man auf die eigene Sabotage angesprochen, verkehrt man das Bild und schiebt die Schuld auf den anderen.
Passive Agression am Arbeitsplatz
Ihr Kollege weigert sich immer wieder, aktive Entscheidungen zu treffen und gibt Ihnen die Schuld dafür, da Sie – aus seiner Sicht – immer alles bestimmen müssen. Wenn Sie Entscheidungen treffen, boykottiert Ihr Kollege ihre Entscheidungen passiv-aggressiv, indem er sich ihr nicht fügt. Er meidet es, offen darüber zu sprechen, was ihn stört.
Passive Aggression ist eine sehr verbreitete Dynamik am Arbeitsplatz. Es ist ein Minenfeld, das schwer zu durchschauen ist. Das Umfeld wird von Unwahrheit und Unsicherheit beherrscht und man weiß selten, woran man ist: Komplimente sind in Lügen verpackt, Freundlichkeit ist immer eigennützig und Sarkasmus an der Tagesordnung. Der Umgang mit diesen Personen, die nur nett sind, wenn sie etwas brauchen, sie sich ständig beschweren, jedoch nicht bereit sind, Probleme zu lösen, ist nicht einfach.
Es ist schwierig, an einem Arbeitsplatz produktiv zu sein, an dem passiv-aggressives Verhalten von Mitarbeitern die Tagesordnung bestimmt, insbesondere für sensible Personen.
Bei Menschen, die sich passiv-agressiv verhalten geht es thematisch zwar um die Arbeit, die dahinterliegenden Konflikte spielen sich aber auf einer anderen Ebene ab, sie sind persönlicher Natur. Dies anzusprechen ist meist nicht möglich, da nicht offensichtlich genug – oder das Gegenüber zeigt sich nach Ansprache nicht ehrlich. So kann keine offene und konstruktive Kommunikation zustandekommen.
Merkmale passiv-agressiver Kollegen
Verdeckt, schwer zu erkennen, widersprüchliche Botschaften – im Alltag kann sich passiv-aggressives Verhalten in ganz vielen verschiedenen Formen zeigen.
„Klar, mache ich gerne“, stöhnt der fast schon in den Feierabend entwischte Kollege. Und liefert dann aus Rache eine schlampige Arbeit ab.
Was alle gemein haben: Es handelt sich um Verhaltensweisen, die darauf abzielen, dem anderen zu schaden, sich zu rächen. Wenn jemand Wut, Unbehagen, Verachtung, Neid oder Frustration empfindet, rächt er sich an anderen auf getarnte und indirekte Weise wie:
- Betroffene suchen bei Problemen am Arbeitsplatz keine Lösung, sondern Schuldige.
- Sie sind ambivalent: An einem Tag täuschen sie vor, die besten Freunde zu sein, am nächsten Tag vermeiden sie jeden Kontakt.
- Sie sind Experten im Aufschieben, und wenn sie sich unter Druck fühlen, delegieren sie ihre Pflichten an andere.
- Diese Personen beschweren sich ständig und sehen immer und überall Probleme und Schwierigkeiten.
- Sie untergraben die Autorität anderer Arbeitskräfte und stellen sie infrage.
- Sie sind sarkastisch und zögern nicht, andere in Verlegenheit zu bringen.
- Außerdem verbreiten sie häufig Gerüchte, Kritik und Klatsch.
- Sie bitten um Gefallen, indem sie an die Freundlichkeit ihrer Mitarbeiter appellieren, und verachten sie dann.
Passiv-agressive Menschen kennzeichnet ständiges kritisieren und beschweren – selbst aber mit Kritik nicht umgehen zu können. Sie verhalten sich vereinnahmend, sticheln, lästern und überschreiten bewusst Grenzen.
Wie umgehen mit passiv-agressiver Kommunikation?
Führungskräfte und Kollegen, Partner und Familienmitglieder leiden auf Dauer unter passiv-agressiven Menschen. Denn die passive Agression auf der einen Seite führt nicht selten zu aktiver Agression auf der anderen Seite. Und die führt leider ins Leere, wenn das Gegenüber mauert – und schlimmstenfalls mit der Strategie der emotionalen Manipulation kontert. Dies zeigt sich dann in Aussagen wie: „Ich verstehe gar nicht, warum Du dich aufregst?“ oder „Soll ich hier unter Druck gesetzt werden?“
Passive Agression auf der einen Seite führt zu aktiver Agression auf der anderen Seite.
Bleibt die Frage, wie man damit umgehen kann, wenn man merkt, dass sich jemand im Freundes-, Kollegen- oder Familienkreis, der eigene Mann, die eigene Frau passiv-aggressiv verhält. Da man für die das Verhalten motivierende Feindseligkeit keine Beweise hat, führt das zu Verunsicherung, Macht- und Hilflosigkeit. Es kommt zu unergiebigen Diskussionen, Rechtfertigungen – ohne Ergebnis. Im Gegenteil, die passiv-aggressive Person sieht sich in ihrer Opferrolle bestätigt.
Was also tun? Folgende Verhaltensweisen können Ihnen in der Kommunikation mit passiv-agressiven Menschen von Nutzen sein:
- Gehen Sie nicht auf das Verhalten ein: Negative Reaktionen Ihrerseits bestärken und ermutigen das Gegenüber.
- Beschuldigen Sie nicht: Suchen Sie lieber nach neuen Lösungswegen, statt sich dem negativen Hin und Her hinzugeben.
- Konkret und einfühlsam agieren: Formulieren Sie Ihren Standpunkt konkret, aber ohne Vorwürfe.
- Im Notfall entfernen: Haben Sie das Gefühl, dass keiner Ihrer Versuche hilft und die Interaktion Sie stark belastet, dann reduzieren Sie den Umgang auf ein Minimum.
Sie leiden unter einem passiv-agressiven Kollegen oder Partner – oder neigen selbst zu diesem Verhaltensmuster?
Dann nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf und wir sprechen über Ihre Situation. Gerne unterstütze ich Sie darin, einen passenden Umgang zu finden, damit Sie selbst (nicht weiter) aus der Haut fahren, sich angespannt, verunsichert oder frustriert fühlen – denn das ist nicht selten der Fall. Vereinbaren Sie einfach direkt ein unverbindliches Erstgespräch . Ich stehe Ihnen gerne hilfreich zur Seite!