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Toxische Beziehungen: Wie schleichendes Gift

Nähe, Zuneigung, Rückhalt: So stellen sich viele Menschen eine erfüllte Beziehung vor. Manchmal entwickelt sich mit der Zeit aber eine Dynamik, die einem oder einer der Beteiligten nicht guttut: So sind Machtspiele, Rechthaberei, Eifersucht und Abwertung an der Tagesordnung. Toxische Beziehungen sind weit verbreitet – in Partnerschaften, im Job, in der Familie und unter Freunden. Eine toxische Beziehung ist nicht immer leicht zu erkennen, aber häufig von narzisstischen und manipulativen Verhaltensweisen des Gegenüber geprägt

Toxisch bedeutet so viel wie „giftig“, eine ungesunde Beziehung. Toxische Beziehungen enwtwickeln sich oft diffus und schleichend. Sie kosten mehr Kraft als sie geben, entziehen Energie und lassen einen der Partner ausgelaugt zurück

Anna und Tom: Ein Beispiel aus meiner Praxis

Meine Klientin und ihr Partner, nennen wir sie Anna und Tom, sind seit einigen Monaten zusammen. Am Anfang der Beziehung schien alles perfekt zu sein – fast zu schön, um wahr zu sein. Doch mit der Zeit begann Tom immer mehr Kontrolle auszuüben. Er wollte zu jeder Tageszeit wissen, wo sie war und mit wem sie sich traf. Ständig äußerte er Kritik wegen Kleinigkeiten wie Annas Kleidungsstil und machte abfällige Bemerkungen über ihre Freunde und Familie.

Wenn Anna versuchte, ihren Standpunkt zu behaupten oder ihre Bedürfnisse auszudrücken, wurde er wütend und beschuldigte sie, egoistisch, empfindlich oder undankbar zu sein. Denn er täte ja schließlich alles für sie, wenngleich sie das angeblich nicht merkte. Auch zeigte er Anzeichen von körperlicher Aggression, indem er Gegenstände in ihre Richtung warf oder sie am Arm festhielt, wenn er verärgert war. Trotz all dieser negativen Verhaltensweisen fühlte sich Anna festgefahren und konnte sich nicht von Tom lösen, da er ihr immer wieder versicherte, dass er sie liebte und sie ohne ihn nichts wert wäre.

Es folgte, was folgen musste: Ein mentaler Zusammenbruch. „Ich war nur noch müde und erschöpft. Ich konnte nichts mehr, was ich früher geliebt hatte, genießen. Im Gegenteil: Auf einmal war alles zu viel,“ erzählte sie mir in einer unserer Sitzungen. 

Wenn einer der beiden Partner seine eigenen Bedürfnisse über die des anderen stellt, ihn systematisch abwertet und den Partner für seine eigenen, meist narzisstischen Zwecke mißbraucht, spricht man von einer toxischen Beziehung. 

Kennzeichen einer toxischen Beziehung

Ist der anfängliche Zauber des Verliebtseins vorbei, zeigt sich schnell der Egoismus des Partners, der seine eigenen Bedürfnisse rücksichtslos in den Mittelpunkt stellt. Das führt zwangsläufig zu Diskussionen und Streitereien, die auf die Dauer sehr kräftezehrend sind.

Es gilt hellhörig zu werden, wenn Sie in der Beziehung das Gefühl beschleicht: Irgendetwas stimmt hier nicht, fühlt sich ungut an oder ist mit endloser Anstrengung verbunden.

Toxische Beziehungen können unterschiedlich verlaufen, abhängig von den Beteiligten und Umständen. Im Allgemeinen gibt es jedoch einige typische Verhaltensmuster und Dynamiken, die in toxischen Paarbeziehungen auftreten:

  • Machtspiele
  • Kontrolle
  • Ungleichgewicht im Geben und Nehmen
  • Ängste
  • Empathielosigkeit
  • Abwertung und Erniedrigung
  • Emotionale Manipulation
  • Körperliche Übergriffe

Emotionale Manipulation, auch gaslighting genannt, ist eine Form von psychischer Gewalt, bei der ein Partner manipuliert, desorientiert und in seiner Realitäts- und Selbstwahrnehmung verunsichert wird. Ziel von gaslighting ist es, den Selbstwert und die Identität des Partners zu brechen, um ihn in seine Abhängigkeit zu bringen.

Diese Anzeichen gilt es im Blick zu haben

  • Man kann es dem Partner nie recht machen

 Egal wie sehr man sich angestrengt, immer wieder macht der andere Part Vorwürfe, die einen an den eigenen Fähigkeiten oder dem eigenen Wert zweifeln lassen. Das kann sich an genervten und absurden Fragen wie „Was hast du heute wieder an? Und geht bis zu: „Wie isst du eigentlich? Warum gähnst du? Oder warum atmest du so laut?“ zeigen. In der Kommunikation schleichen sich zunehmend Kränkungen und giftige Spitzen ein.

  • Extreme Stimmungsschwankungen

Man kann nie wissen, auf welchem Fuß man den Partner oder die Partnerin gerade erwischt. Im einen Moment überschüttet die Person die andere mit Liebesbekundungen („Love-Bombing“), im nächsten wird er oder sie total aufbrausend. Die Beziehung fühlt sich dadurch wie eine Achterbahnfahrt an. Häufig nehmen die schönen Momente immer weiter ab und die Tiefpunkte überwiegen.

Love Bombing ist eine manipulative Taktik, bei der eine Person in einer Beziehung überwältigende, positive Aufmerksamkeit und Zuneigung zeigt, um den Partner emotional abhängig zu machen und zu kontrollieren.

  • Man kann nicht man selbst sein

Um von dem Partner oder der Partnerin akzeptiert und bestätigt zu werden, muss man sich verbiegen und vorspielen, eine andere Person zu sein, als man eigentlich ist. Wenn man allerdings versucht, seine wahre Identität zum Vorschein zu bringen, wird diese abgewertet.

  • Wesensveränderung

Haben Sie bemerkt, dass Sie sich seit Beginn der Beziehung zu Ihrem Nachteil verändert haben? Oder haben sich womöglich Freunde oder Familienmitglieder entsprechend geäußert? Vielleicht…

  • lachen Sie weniger
  • freuen sich seltener
  • ziehen sich häufiger zurück
  • stellen Ihre eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund
  • haben keine Ziele und Pläne mehr, die Sie motivieren
  • Isolation

Es finden kaum noch Treffen mit Freunden, der Familie oder Arbeitskollegen statt. Eifersucht und Besitzdenken spielen in toxischen Beziehungen eine große Rolle. Der Partner oder die Partnerin versucht immer mehr zu Kontrolle auzuüben und fängt an, den Handlungsspielraum einzuschränken. Manche Betroffene ziehen sich auch selbst aus Scham vor dem Freundeskreis zurück, weil die Freunde desöfteren schon gesagt haben, dass der Partner nicht gut tut. Als Folge drohen Gefühle von Einsamkeit und Alleinsein.

  • Egoismus

Ständig dreht es sich nur um die Probleme und Wünsche des einen Partners. Es wird kaum bis gar kein Interesse an der anderen Person und deren Bdürfnissen gezeigt. Der toxische Partner ist so stark mit der Aufrechterhaltung des eigenen Selbstwertgefühls beschäftigt, dass ihm die gefühlvolle Zuwendung zum anderen fehlt

  • Abhängigkeitsgefühle

Ein Partner fühlt sich immer mehr abhängig vom anderen und hat das Gefühl, seine Aufmerksamkeit zu brauchen, um glücklich zu sein. Insbesondere, wenn der Freundeskreis bereits geschrumpft ist und wenig bis kein Selbstwertgefühl mehr spürbar ist, ist es besonders schwer, aus der Beziehung auszubrechen. 

  • Erschöpfung

Sich permanent ausgelaugt fühlen, schlecht schlafen, in Grübelschleifen feststecken, gereizt sein, mehr Energie und Gedanken in die Beziehung investieren, als Sie Kraft zurückbekommen – das können ebenfalls Warnzeichen sein. Eine Ermüdung kann sich sowohl psychisch (z. B. mentale Erschöpfung, Angststörung) als auch körperlich äußern. Oftmals treten auch Ohrgeräusche als Stresssignale des Körpers in Erscheinung.

Welche körperlichen Symptome deuten auf eine toxische Beziehung hin?

Eine toxische Beziehung äußert sich nicht nur auf psychischer Ebene, sondern oft durch diese körperlichen Symptome:

  • Schlafprobleme
  • Erschöpfung
  • Konzentrationsprobleme
  • Bauchschmerzen
  • Verdauungsprobleme
  • Verspannungen
  • Kopfschmerzen
  • Bluthochdruck

Der Körper wehrt sich förmlich gegen die ungesunden Lebensumstände und den ständigen psychischen Stress. Spätestens bei Wahrnehmung von körperlichen Symptomen sollten Sie aufmerksam werden und Ihre Partnerschaft sorgfältig beobachten.

Kann man eine toxische Beziehung retten?

Der Wunsch, an einer Beziehung festzuhalten und diese in eine gesunde Partnerschaft umzuwandeln, ist nachvollziehbar. Inwieweit diese Hoffnung realistisch ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

So sollten Sie sich folgende Fragen stellen und ehrlich beantworten:

  • Welchen Preis zahle ich, wenn ich weiter an der Beziehung festhalte? Habe ich genügend Energie/ Durchhaltevermögen?
  • Was gewinne ich/ was verliere ich, wenn ich in der Beziehung bleibe/ die Beziehung verlasse?
  • Was erwarte ich von meinem Leben? Was erwarte ich von der Person, mit der ich mein Leben teile?
  • Aus welcher Motivation möchte ich mit meinem Partner zusammenbleiben? Ist es Zuneigung oder die Angst vor dem Alleinsein?
  • Ist eine Einsicht/ Bereitschaft zur Veränderung auf der anderen Seite zu sehen?
  • Glaube ich daran, dass ich mit meinem Partner eine erfüllende Partnerschaft auf Augenhöhe führen kann?

Toxische Beziehung beenden und verarbeiten – oder versuchen an Augenhöhe zu gewinnen?

Wie auch immer Sie sich entscheiden: der Weg in eine Beziehung auf Augenhöhe oder aus der Beziehung hinaus wird Sie einige Mühe kosten. Warum? Toxische Partner haben meist narzisstische Züge, die schwer änderbar sind. Meist nehmen diese Menschen ihr Verhalten nicht als problematisch wahr und sind so nicht bereit, etwas zu verändern. Auch Versprechungen laufen meist ins Leere – und so geht das Spiel meist nur von vorne los.

Da eine Veränderung der Beziehungsdynamik schwer möglich ist, besteht meist die einzige Möglichkeit darin zu lernen, mit dem toxischen Partner umzugehen – wenn Sie dazu bereit sind.

Wie es Ihnen gelingen kann, die Beziehung zu verarbeiten, zeige ich Ihnen anhand meiner Klientin aus dem Anfangsbeispiel auf. Sie hat sich entschieden, die Beziehung zu verlassen, nachdem alle Versuche, in einen konstruktiven Dialog mit Ihrem Partner zu treten, gescheitert sind. Wie habe ich Ihr geholfen, die Beziehung zu verarbeiten?

Meie Klientin hat in Ihrer Beziehung seelische Verletzungen und Enttäuschungen erlitten und sie plagten Schamgefühle. Sie fühlte sich schuldig. Schuldig, sich selbst gegenüber, dass Sie es hat soweit kommen lassen und schuldig Ihrem Ex-Partner gegenüber, den Sie (vermeintlich) im Stich gelassen hat („er hatte doch auch seine guten Seiten“). All diese Gefühle galt es behutsam zuzulassen, zu verstehen und zu verarbeiten. Daneben war es wichtig, ihr Selbstwertgefühl, die innere Sicherheit und eigene Wahrnehmung wieder zum Vorschein zu bringen und zu stärken, was uns gelang. Ebenfalls entwickelten wir, nach all den manipulativen Erfahrungen, eine neue und spürbare Selbstwahrnehmung, klare Kommunikation und Zielvorstellung in Hinblick auf eine zukünftige, erfüllende Partnerschaft. Die sie, wie sie mir in einem späteren Telefonat voller Freude mitteilte, auch gefunden hat.

Auch, wenn es schmerzt: Niemand sollte in einer Situation verharren, die nicht guttut. Denn so nimmt man sich die Chance auf all das Gute, was stattdessen kommen mag.

Wenn auch Sie auf Ihrem Weg in einen gelingenden Neuanfang Unterstützung suchen, vereinbaren Sie gerne ein unverbindliches Erstgespräch und lernen mich kennen. Oder Sie nehmen direkt Kontakt mit mir auf. Gerne helfe ich Ihnen, den für Sie richtigen Weg einzuschlagen. Ich freue mich auf unser Gespräch!