Bloß nicht negativ auffallen, immer den anderen helfen, stets nett sein: People Pleaser wollen es allen recht machen und können nicht gut Nein sagen. Dahinter steckt die Suche nach Anerkennung und eine tief verwurzelte Angst vor Ablehnung. People Pleaser stellen ihre eigenen Bedürfnisse zurück. Dadurch laufen sie Gefahr, den Bezug zu sich selbst und den eigenen Bedürfnissen zu verlieren – mit teils problematischen Auswirkungen.
People Pleaser stellen das Wohlbefinden anderer über ihr eigenes und treffen Entscheidungen primär danach, ob sie anderen Menschen („people“) gefallen („to please“).
- Wie kann es gelingen, das eigene Wohlbefinden stärker in den Vordergrund zu rücken?
- Was macht People Pleaser aus?
- Was verbirgt sich hinter People Pleasing?
- Welche Verhaltensmuster sind typisch?
- Und ab wann wird People Pleasing problematisch?
Darauf werde ich im Folgenden eingehen und abschließend Wege aus der Harmoniefalle aufzeigen.
Was macht People Pleaser aus?
„Klar, mache ich gern!“ Dieser Satz begleitet meinen Klienten wie eine Art Lebensmotto. Eine zusätzliche Aufgabe übernehmen, die Urlaubsplanung zugunsten der Kollegen ausrichten oder sich für die anderen auch dann Zeit nehmen, wenn sie selbst den Tisch voll hat, sodass sie ihre Aufgaben nur durch Überstunden abarbeiten kann. Für meinen Klienten ist es selbstverständlich, „Hier“ zu rufen, wenn es darum geht, anderen zu helfen oder einen Gefallen zu tun. „Ich mag dieses Gefühl, gebraucht zu werden„, antwortet er, als wir sein Verhalten ergründen, „dann fühle ich mich gut.“ Mein Klient ist das, was mit dem englischen Begriff People Pleaser beschrieben wird: ein „Menschen-Zufriedensteller“.
Wir haben ein psychologisches Grundbedürfnis nach Bindung. Dazu gehört auch, dass es uns nicht egal ist, was andere Menschen von uns halten
Doch die vermeintliche Nettigkeit hat auch ihre Schattenseiten: Mein Klient sagte selbst dann noch „Klar!“, wenn seine zeitlichen oder mentalen Grenzen längst überschritten waren. Es fällt ihm schwer, für sich selbst einzustehen. „Nein sagen, ablehnen, in Konfrontation gehen – das kann ich nicht“, sagt er.
Was steckt hinter People Pleasing?
Die Motivation eines People Pleasers ist es, Anerkennung, Zuneigung, positives Feedback und Liebe zu bekommen. Ob durch Familie, den Partner oder die Partnerin, den Freundes- und Arbeitskreis oder durch völlig fremde Menschen, die auf den Social-Media-Kanälen liken.
Der Ursprung von People Pleasing liegt in der Kindheit. Insbesondere erlebte Kränkung, Beschämung und Parentifizierung, also die Rollenumkehr von Eltern und Kind, sind dabei auslösende Faktoren.
Wenn Eltern sehr streng, unberechenbar oder wütend sind, greifen manche Kinder zur Strategie, möglichst nicht anzuecken und sich einzufühlen, wie es den Eltern geht. Verbunden mit der Hoffnung auf eine wohlwollende Reaktion und anerkennende Worte. „Mein Vater war ungehalten, wenn ich nicht seinem Bild von einem Jungen entsprach“, erinnert sich mein Klient. „Also war ich stark und habe meine Gefühle unterdrückt, weil ich dachte, dass er mich nur so mag.“ Auch traumatische Erfahrungen wie Mobbing oder eine schmerzhafte Trennung, bei der man sich fragt, was man falsch gemacht hat, können People Pleasing befördern.
Freundlich oder schon People Pleaser?
Es anderen Recht machen wollen, hilfsbereit und freundlich sein, klingt zunächst nach positiven Charaktermerkmalen. Aber: Diese Übertreibung an sich wünschenswerter Eigenschaften und Verhaltensweisen macht auf Dauer nicht nur unzufrieden mit sich und der Welt, sondern potenziell krank. Hilfsbereit zu sein ist wunderbar, aber vor lauter Aufopferung für andere ständig über die eigenen Grenzen zu gehen, nicht.
Das Fundament gelingender Beziehungen ist zuvorderst, eine tragende, verlässliche Beziehung zu uns selbst. Nur wer sich selbst spürt, kann ein Gespür für andere entwickeln.
Die Dynamik ist zudem eine andere: People Pleaser sind nicht frei in ihrer Entscheidung, wie sie sich verhalten. So verhalten sie sich auch dann hilfsbereit, wenn ihnen nicht danach zumute ist. Sie verhalten sich gefällig, weil sie im Kern bestimmte Gefühle – nämlich Angst, Scham, Ablehnung – vermeiden wollen.
Verhaltensmuster von People Pleaser
People Pleasing kann sich in ganz unterschiedlichem Verhalten äußern. In meiner Praxis beobachte ich vier zentrale Verhaltenstendenzen. Konkret handelt es sich um:
- Überanpassung: Nur noch das sagen und machen, von dem man glaubt, dass andere es von einem erwarten, und alles andere zurückhalten
- Überkompensation: Nach Perfektion und Fehlerlosigkeit streben
- Selbstaufopferung: Alles für andere geben und sich um sie und ihre Anliegen kümmern, niemals Nein sagen
- Auflösung: Einzigartige Ziele, Wünsche, Interesse und/oder Meinungen, die sich von denen anderer unterscheiden, nicht mehr spüren oder Konflikte nicht wahrhaben wollen
People Pleasing an sich ist keine psychische Erkrankung. Es ist vielmehr eine ungünstige Prägung, die sich hin zu einer seelischen Belastung entwickeln kann.
Wenn Sie unsicher sind, ob Sie ein People Pleaser sind, stellen Sie sich folgende Fragen:
- Ist es mir wichtig, dass andere mich mögen?
- Will ich durch mein Verhalten sicherstellen, dass niemand enttäuscht ist oder mich nicht gut findet?
- Mache ich mir Gedanken darüber bzw. habe ich Angst davor, dass andere mich ablehnen könnten?
Wenn Sie diese Fragen mit „Ja“ beantworten, haben Sie Ihre Antwort.
Ab wann People Pleasing problematisch wird
People Pleasing ist auf Dauer unglaublich anstrengend! Kritisch wird es, wenn sich das Verhalten negativ auswirkt und man selbst und die Beziehungen darunter leiden. So kann People Pleasing in Bournout münden und krank machen.
Wer ständig über seine eigenen Grenzen geht, dem fehlt es an Zeit für Erholung. In der Folge treten Stress-Symptome auf, die ich anhand von Aussagen wie „ich bin erschöpft, schlafe schlecht, kann mich nicht konzentrieren, habe Tinnitus, leide unter Bluthochdruck, esse zuviel“ aus meiner Praxis kenne.
Auf Dauer kann die mentale Gesundheit leiden und das Risiko für psychische Erkrankungen wie Burnout, Angststörungen oder Depressionen steigen.
Daneben leidet das Selbstwertgefühl. Es wird über die Zeit immer fragiler. Zum einen, weil People Pleaser ihr Selbstwertgefühl sehr stark von außen abhängig machen und zum anderen, weil sie merken, dass sie quasi permanent gegen die eigenen Bedürfnisse handeln. Das fatale daran: Dieses mangelnde Selbstwertgefühl erhöht das Risiko für seelische Folgeerkrankungen.
Nur zu geben, sich permanent zu verstellen, die eigene Meinung runterzuschlucken und Grenzen zu ignorieren – das ist nicht gut für das Selbstwertgefühl.
Außerdem treten Schwierigkeiten in Beziehungen, sei es beruflich oder privat, auf. Im Fall meines Klienten stellte sich das folgendermaßen dar: Er wurde gefragt, ob er eine Aufgabe übernehmen könne und antwortete – wie kann es anders sein – mit „Ja“. Er hatte den Tisch voll und deshalb erwartet, dass der Kollege das erkennt und seine Anfrage zurückzieht. Das tat dieser aber nicht. Er hatte also nicht wie von dem Klienten erwartet, selbst erkannt, dass er den Kollegen mit der Anfrage überfordert. In der Folge äußerte mein Klient dann unterschwellige Vorwürfe wie: „Toll, wie entspannt Du wirkst. Das würde mir auch gefallen.“
Neben diesen unterschwelligen Vorwürfen kann es auch tatsächlich zu einem Knall kommen: Die eigenen Bedürfnisse, die eigene Meinung werden so oft zurückgestellt bzw. heruntergeschluckt, dass People Pleaser irgendwann wie ein Vulkan explodieren oder in eine Depression verfallen. Und das kann in der Partnerschaft, der Familie oder im Job sein. „Ich wurde immer nur ausgenutzt und übergangen, niemand hat Rücksicht auf mich genommen“, sind Dinge, die dann plötzlich an die Oberfläche kämen. Oft zur großen Überraschung des Gegenübers.
Sie möchten ohne schlechtes Gewissen für sich einstehen?
Finden Sie sich hier wieder und fragen sich, wie Sie aus der Harmoniefalle kommen? Es hilft leider wenig, den Hebel rigide von links nach rechts zu legen und sich strengen Dogmen wie „Ich muss mich jetzt abgrenzen und erstmal nur auf mich gucken“ oder „Ich werde ab sofort immer Nein sagen“ zu unterwerfen. Das wären nur neue Zwangskorsetts – und die helfen Ihnen auf lange Sicht nicht weiter! Außerdem entspricht das nicht dem Charakter vieler People Pleaser, die zumeist einfühlsam sind, sich gerne kümmern und für andere da sind – alles im Grunde großartige menschliche Eigenschaften. Natürlich ist Abgrenzung wichtig. Viel wichtiger ist jedoch, wieder in Kontakt mit sich zu kommen und sich der eigenen Gefühle, Werte und Bedürfnisse bewusst zu werden.
Was können Sie also tun, um weniger People Pleasing zu betreiben? Eine praktische Übung kann sein, im Alltag vor einer Entscheidung kurz innehalten und sich überlegen: Was will ich wirklich? Ist es mir wirklich egal? Wie möchte ich reagieren? Also erst in sich hineinhorchen und dann antworten. Oder auch die Antwort hinauszögern: „Ich geben Dir später Bescheid“, wodurch Sie etwas den inneren Druck in Ihrer Entscheidungsfindnugn rausnehmen.
Wie es ganz individuell gelingen kann,
- einen Weg zur Veränderung Ihrer Verhaltensmuster zu finden
- einen sicheren Kontakt zu sich selbst zu finden
- die Säulen Ihres Selbstwertgefühl zu stärken
- die eigenen Gefühle, Wünsche und Befürfnisse zu erkennen
zeige ich Ihnen gerne auf. Wenn Sie mögen, dann vereinbaren Sie dazu einfach ein unverbindliches Erstgespräch oder nehmen Sie direkt Kontakt auf.