Ständiges Rauschen, Summen oder Pfeifen im Ohr – die Symptome eines Tinnitus können den privaten und beruflichen Alltag immens beeinträchtigen. Doch woher kommen die störenden Ohrgeräusche? In welchem Zusammenhang steht Tinnitus mit Stress?
In meiner Praxis arbeite ich oft mit Menschen, die mir im Laufe unserer Zusammenarbeit berichten, dass sie unter Tinnitus leiden. Diese Menschen sind nicht nur aber überwiegend Führungskräfte. Sind also Führungskräfte besonders gefährdet? Welche Folgen hat Tinnitus am Arbeitsplatz und gibt es Wege aus dem Tinnitus?
Im folgenden werde ich aus meiner Arbeit berichten und versuchen, diese und weitere Fragen zu beantworten.
Symptom statt Krankheit
Ähnlich wie Schmerzen sind Ohrgeräusche bei einem Tinnitus für sich betrachtet keine Krankheit, sondern ein Symptom. Auch wenn Stress oft ein (Mit)Verursacher ist, lässt sich ein konkreter Auslöser nicht immer finden. Und nicht immer kann der Tinnitus so behandelt werden, dass er verschwindet.
Halten Ohrgeräusche mehr als drei Monate an, spricht man von einem chronischen Tinnitus.
Tinnitus: Wenn der Geräuschfilter im Kopf nicht mehr funktioniert
Um besser zu verstehen, wie Tinnitus entsteht, ein kurzer Exkurs zum Hören: Das Hören entsteht – im Vergleich zum Sehen – rein im Gehirn. Und zwar folgendermaßen: Das Gehirn nimmt zunächst alle Geräusche bzw. Schallwellen wahr, die es erfassen kann und filtert sie auf wichtige Informationen hin. Diese Filterfunktion hilft dabei, die eigene Aufmerksamkeit auf bestimmte Geräusche wie Worte zu lenken und sich konzentrieren zu können.
Bei Tinnitus ist der Geräuschfilter im Gehirn gestört, wodurch es übermäßige Geräusche wahrnimmt und störende Ohrgeräusche erzeugt.
Wie Tinnitus entsteht
Der genaue Mechanismus, wie das Gehirn den Tinnitus erzeugt, ist noch nicht vollständig verstanden. Es wird angenommen, dass Veränderungen in den neuralen Netzwerken des Gehörsystems eine Rolle spielen, die auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sind. Die Ursachen der Veränderung können unterschieden werden in
- organisch bedingte wie
- Lärmtrauma
- Immunschwäche
- altersbedingte Schwerhörigkeit
- psychovegetativ bedingte wie
- Stress
- Ängste
- Erschöpfung
- unverarbeitete Konflikte
- Kränkungen
Zwischen 5 und 15 % aller Erwachsenen sind im Laufe des Lebens von länger anhaltenden Ohrgeräuschen betroffen. Bei etwa 10 bis 20 % beeinträchtigt der Tinnitus die Lebensqualität in erheblichem Maße. Am häufigsten kommt Tinnitus ab dem 50. Lebensjahr und in westlichen Ländern vor.
Wie verläuft ein Tinnitus?
Der Verlauf eines Tinnitus kann von Person zu Person unterschiedlich sein. Bei einigen Menschen tritt der Tinnitus plötzlich und intensiv auf und lässt im Laufe der Zeit nach. Bei anderen tritt er allmählich auf und verschlimmert sich mit der Zeit. Ein Tinnitus kann vorübergehend oder chronisch sein. Von letzteren spricht man, wenn die Ohrgeräusche mehr als drei Monate andauern und eine erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität verursachen. Die Schwere des Tinnitus variiert ebenfalls von leise und kaum wahrnehmbar bis laut und stark störend.
Die Verlaufsform des Tinnitus lässt sich nicht genau vorhersagen. Ist die Ursache bekannt und behandelbar, kann der Tinnitus verschwinden. Bei unklarem Auslöser können die Ohrgeräusche chronifizieren und das Stresserleben verstärken.
Bei manchen Menschen wird durch Tinnitus das Gehör empfindlicher, was inbesondere in sozialen Situationen oder lauter Umgebung die Geräuschempfindlichkeit erhöht. Man spricht hier auch von Hyperakusis, weshalb Tinnitusgeplagte Menschenansammlungen oder soziale Anlässe oft meiden.
Tinnitus: Eine Stressreaktion?
Tinnitus steht oft in Zusammenhang mit emotionaler Belastung und Stress. Das belegen Studien, die den Zusammenhang von Tinnitus und Stressempfinden untersucht haben. Auch gibt es Hinweise darauf, dass Tinnitus durch chronisches Stressempfinden verursacht werden kann. Stress ist ein Alltagsbegleiter vieler Menschen – insbesondere für Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft -, die an Tinnitus leiden.
Tinnitus und Stress kann sich zu einem richtigen Teufelskreis entwickkeln: Tinnitus verursacht Stress. Das Stressempfinden verursacht mehr Tinnitus. Zunehmende Ohrgeräusche verursachen nocht mehr Stress, was wiederum die Tinnitusbelastung verstärkt. Und so weiter.
Psychische Stressfolgen von Tinnitus
Ein Teil der Tinnitus-Patienten fühlt sich von den Ohrengeräuschen außerordentlich belastet – entweder die ganze Zeit oder in bestimmten Situationen. In der Folge zeigen sich bei den Betroffenen psychische Folgebelastungen wie
- depressive Stimmung
- Gereiztheit
- Dünnhäutigkeit
- Kränkung
- Konzentrationsprobleme
- ängstliche Stimmung
- Ermüdung
- Panikattacken
- Unruhe
- Kopfschmerzen
- Einsamkeit
Tinnitus und sozialer Rückzug
Tinnitus und sozialer Rückzug liegen eng beieinander: Störende Ohrgeräusche beeinträchtigen das konzentrierte und aktive Zuhören. Es wird als schwierig empfunden, Gesprächen gut zu folgen – insbesondere wenn viele Menschen gleichzeitig sprechen. Es schwingt die Angst, nicht alles zu verstehen, mit und man hat Sorge als schlechter, uninteressierter Zuhörer wahrgenommen zu werden. Diese Befürchtungen können Stück für Stück zu Scham, sozialer Isolation und Einsamkeit führen, da sich Betroffene zurückziehen und soziale Kontakte meiden.
Sozialer Rückzug und ein als defizitär empfundenes soziales Umfeld wirkt negativ auf die psychische Gesundheit – und so verstärken sich die tinnitusbedingten Stressfaktoren.
Ist Tinnitus eine Managerkrankheit?
Es gibt keine spezifischen Berufe, die automatisch mit einem erhöhten Risiko für Tinnitus verbunden sind. Allerdings können bestimmte Berufe das Risiko für Lärmbelastung erhöhen, was wiederum das Risiko für Tinnitus erhöhen kann. Insbesondere Führungskräfte, die in lauten Umgebungen arbeiten oder unter hohem Stress stehen, können anfällig für Tinnitus sein.
Anhaltend hoher Stress kann sich neagtiv auf den Körper auswirken und erhöht das Risiko für Tinnitus.
Zudem kann Tinnitus dazu führen, dass die Betroffenen Schwierigkeiten haben, sich bei der Aufgabenbearbeitung zu konzentrieren oder in lauten Umgebungen effektiv zu kommunizieren, was sich wiederum negativ auf ihre Arbeitsleistung auswirken kann, das Stresserleben verstärkt und Ängste verursacht.
Tinnitus und (Führungs)Angst
Ein Tinnitus kann für Führungskräfte besonders belastend sein, da diese sich oft unter starkem Druck fühlen und hohe Arbeitsanforderungen haben. Ohrgeräusche können die Konzentration und Aufmerksamkeit beeinträchtigen, was sich negativ auf die Arbeitseffizienz und -leistung auswirken kann – insbesondere in Umgebungen mit hoher Geräuschkulisse. Der Tinnitus kann als weitere Belastung dazu führen, dass Manager Ängste in Zusammenhang mit ihrer Führungsrolle entwickeln. Manager haben oft viel Verantwortung und müssen in der Lage sein, klare Anweisungen zu geben, den Überblick zu behalten und effektiv zu kommunizieren. Wenn der Tinnitus die Konzentration und das Hörvermögen beeinträchtigt haben Führungskräfte Schwierigkeiten, Gesprächen zu folgen. Das kann zu Missverständnissen, Unsicherheit und Frustration – und nicht selten zu einer Krise – führen. Tinnitus geht mit Stress einher, verstärkt Stress oder wird durch Stress ausgelöst.
Tinnitusbedingter Stress wiederum verstärkt den arbeitsplatzbedingten Stress und fördert Führungsängste.
Was lässt Ihren Tinnitus leiser werden?
Sie leiden unter störenden Ohrgeräuschen? Dann ist es wichtig, sich Unterstützung im Umgang mit ihren Ohrgeräuschen an die Seite zu holen. So können Sie effektive und wirksame Strategien finden, um gut mit den Belastungssymptomen umzugehen und an einer Linderung zu arbeiten.
Mein Vorgehen beinhaltet folgende konkrete Schritte:
- sich des Stressempfindens bewusst werden
- stressauslösende Situationen analysieren
- stressverstärkende Gedanken identifizieren
- negative Gefühle in Zusammenhang mit Tinnitus verändern
- chronische – auch emotionale – Belastungsfaktoren erkennen
- Ängste und Befürchtungen entkräften
Ziel meiner Unterstützung ist es zunächst, den Tinnitus-Teufelskreis aus Anspannung – Stress – Angst zu durchbrechen.
Um die Symptome des Tinnitus weiter zu reduzieren arbeiten ich auch mit Bausteinen wie:
- Arbeitsbelastung – soweit möglich – reduzieren
- resilienter Umgang mit Stress erlernen
- Entspannungstechniken anwenden
- Arbeitsplatzsituation überprüfen
Es ist hilfreich, wenn Sie als Führungskraft ihr soziales Netzwerk und ihr Arbeitsumfeld über ihren Tinnitus informieren. Denn wenn Sie das Thema offen ansprechen, können die Menschen in Ihrem Sinne darauf reagieren und Sie wohltuendes Verständnis gewinnen.
Auch wenn es (oft) keine Heilung für chronische Ohrgeräusche gibt, können wir uns gemeinsam auf den Weg machen, Ihre Belastungsfaktoren zu verändern, Ihr Stressempfinden zu senken und einen deutlich angenehmeren Umgang mit Ihren Ohrgeräuschen zu finden.
Sie möchten aus dem Tinnitus-Stress-Kreislauf aussteigen?
Dann vereinbaren Sie doch einfach direkt ein unverbindliches Erstgespräch. Gerne stehe ich Ihnen mit professionellem Rat zur Seite und unterstütze Sie, den für Sie richtigen Weg zu finden. Ich freue mich über Ihre Kontaktaufnahme.