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Toxisches Arbeitsumfeld: Der Fall Susanne

Die Motivation ist gering, die Kolleginnen sind oder machen oft krank. Manche sind gar auf dem Absprung. Manche Kollegen in der inneren Kündigung. Arbeitsaufträge werden bewusst ignoriert, vertrödelt oder sabotiert. Es liegen unangenehme Spannungen in der Luft und erschweren das Arbeiten. Sie gehen morgens mit flauem Gefühl an Ihren Arbeitsplatz und sind froh, wenn der Tag vorbei ist und sie nach Hause gehen können? Dann spricht vieles dafür, dass sie sich in einem toxischen, also vergifteten Arbeitsumfeld bewegen.

Vorneweg: Keinesfalls sollten Sie als Führungskraft oder Mitarbeitender die schwierige Gemengelage tolerieren oder toxisches Verhalten der Kollegen über sich ergehen lassen. Denn das führt auf Dauer zu maximaler Anspannung, Unruhe und körperlichen Stress-Reaktionen.

Wenn man davon ausgeht, dass wir die meiste Zeit unseres Lebens am Arbeitsplatz und somit auch mit unseren Kolleginnen und Kollegen verbringen, wird klar, was es bedeutet, wenn wir dort mit toxischen und unkollegialen Verhaltensweisen konfrontiert werden.

Der Dominoeffekt von unkollegialem und übergriffigen Verhalten

Toxisches Verhalten kann gerade auch am Arbeitsplatz einen Dominoeffekt auslösen. Ich beschreibe das wie einen Obstkorb, in dem ein Apfel eine Druckstelle hat. Wird sie nicht entfernt und fängt an zu faulen, dann ist irgendwann der ganze Apfel faul. Er fängt an zu schimmeln und zieht die umliegenden Äpfel in Mitleidenschaft. Im Ergebnis wird der ganze Korb ungenießbar.

Praktisch ausgedrückt: Toxische Verhaltensweisen, die ursprünglich von einzelnen Personen ausgingen, werden von anderen Kolleginnen und Kollegen übernommen. So kann eine Gruppenbildung destruktiver Menschen entstehen, welche die Atmosphäre belasten und vergiften können. Konflikte werden nicht offen angesprochen und zeigen sich in passiv-aggressivem Verhalten.

Aus meiner Praxis: Der Fall Susanne

Als meine Klientin, nennen wir sie Susanne, ihren neuen Job anfing, schien alles perfekt. Ihr Chef überhäufte sie nahezu mit Lob. Doch es dauerte nicht lange, bis sich ihr vermeintlicher Traumjob als Albtraum entpuppte. Immer häufiger überschritt ihr Vorgesetzter Grenzen: Er kritisierte ihre Arbeit ohne erkennbaren Grund, stellte sie in Meetings bloß und kam ihr auch körperlich zu nahe. „Bin ich zu empfindlich?“, fragte sich Susanne, als ihr Chef in einem Gespräch mit Unverständnis reagierte, in welchem sie ihr Unbehagen zum Ausdruck brachte. „Ich verhalte mich Dir gegenüber so, wie gegenüber allen anderen auch,“ entgegnete ihr Vorgesetzter. „Und die anderen haben sich noch nie beschwert. Da scheint das Problem wohl bei Dir zu liegen!“

Mit der Zeit ging es Susanne immer schlechter. Sie fühlte sich zunehmend müde, unkonzentriert, unsicher. Noch einmal etwas zu sagen traute sie sich nicht. Sie fühlte sich rhetorisch unterlegen. Außerdem hatte sie Angst, dass sie noch in der Probezeit gehen muss, wenn sie jetzt nicht funktioniert. Und sich nicht zusammenreißt. Was zunehmend an ihre Substanz ging und sie sich nur noch mit Magenschmerzen zur Arbeit schleppte. Susanne litt in der Folge unter massiven Schlafstörungen und entwickelte Angstzustände mit Panikattacken.

Sich nicht trauen, Grenzen zu setzen und der eigenen Wahrnehmung nicht mehr trauen sind typische Alarmsignale von toxischen (Arbeits)Beziehungen. 

Woran erkenne ich ein toxisches Arbeitsumfeld?

Folgende Merkmale weisen auf eine toxische Arbeitsplatzumgebung hin:

  • Unfaire Behandlung: Bestimmte Mitarbeiter oder Kolleginnen werden bevorzugt. Eine deutliche Ungleichbehandlung innerhalb des Teams ist spürbar.
  • Mangelnde Unterstützung: Vorgesetzte oder Kollegen sind nicht bereit sind, Unterstützung zu bieten oder bei Problemen zu helfen.
  • Mobbing oder Belästigung: Offensichtliche oder subtile Mobbinghandlungen, Belästigung oder Diskriminierung werden toleriert.
  • Fehlende Kommunikation: Unklare, unzureichende, unehrliche oder keine Kommunikation finden statt, was zu deutlichen Spannungen und Misstrauen führt.
  • Hoher Druck und Überlastung: Mitarbeiter fühlen sich/ werden überfordert und mit zu vielen Aufgaben belastet.
  • Emotionale Manipulation: Störendes Empfinden wird nicht ernst genommen und akzeptiert. Es wird bagatellisiert, in Frage gestellt, ins lächerliche gezogen („Von Dir hätte ich mehr Stärke erwartet.“ „Ich sehe da kein Problem, Du hast reichlich Phantasie.“)
  • Sexistische Abwertung: Menschen werden aufgrund ihres Geschlechts und damit verbundenen Stereotypen abgewertet oder es werden ihnen bestimmte Verhaltensweisen unterstellt. Das betrifft insbesondere Frauen, die mit Aussagen wie „Hast Du deine Tage oder warum bist Du so schlecht drauf?“ oder „Seien Sie doch nicht immer so empfindlich“ abgewertet, belästigt und in ein negatives Licht gerückt werden. Es wird mit Unterstellungen gearbeitet, die das Gegenüber mundtot machen oder es im Selbstwert schwächen soll.

„Das habe ich so nie gesagt.“ „Wieder einmal verdrehen Sie mir die Wörter im Mund.“ Wenn Sie derartige Sätze im Job öfters hören, werden Sie emotional unter Druck gesetzt. Das ist gefährlich – und zunächst schwer zu erkennen, wenn Menschen diese subtile und deshalb schwer nachzuweisende Form der Manipulation einsetzen. Betroffene fühlen sich machtlos und ausgeliefert.

Susannes diffuses Gefühl von Angst und Ohnmacht

Zurück zum Fall Susanne. Meine Klientin kontaktierte mich, um einen Weg zu finden, mit der beinahe unerträglichen Situation irgendwie zurecht zu kommen. Sie suchte nach Möglichkeiten, die Ängste und Panikgefühle in den Griff zu bekommen.

Sie umschrieb ihren Zustand mit einem diffusen Gefühl von Ohnmacht, Hilflosigkeit, innerer Daueranspannung und Schamgefühlen („was mache ich falsch?“, „vielleicht sehe ich das alles wirklich verdreht.“). Sie konnte ihr Empfinden lange nicht greifen, es nicht in Worte fassen, nicht einordnen. Susanne spürte aber sehr deutlich, dass sie so nicht weitermachen kann – und möchte.

Menschen mit toxischem Verhalten setzen andere durch ihr schikanöses Agieren maximal unter Druck, manipulieren die Selbstwahrnehmung des Gegenüber, destabilisieren durch Kränkung das Selbstwertgefühl und verdrehen Tatsachen.

Toxisches Verhalten: Gift für die Arbeitsalltag

Beziehungsschädigendes Verhalten vergiftet die Arbeitsatmosphäre von Teams, Abteilungen, Gremien oder ganzer Organisationen. Dies drückt sich aus in

  • einer hohen Mitarbeiterfluktuation
  • ständigen Konflikte
  • agressiver Kommunikation
  • übergriffigem Verhalten
  • hohen Krankenständen
  • geringer Motivation
  • spürbarer Unzufriedenheit
  • persönlichen Angriffen

Wenig Wertschätzung in Kombination mit viel Kritik, zu hohen Erwartungen und überfordernden Aufgaben kann schnell in toxischen Verhaltensweisen münden.

Eine betriebliche oder behördliche Struktur kann unangenehme Verhaltensweisen begünstigen oder verstärken: Beispielsweise, wenn intransparente Regeln gelten, Kollegen offen bevorzugt werden, Menschen sich durch Verbeamtung geschützt fühlen, Vetternwirtschaft vorherrscht oder sich nicht immer an Recht und Gesetz gehalten wird.

Toxische Atmosphäre: Bleiben oder gehen?

Es ist wichtig, toxisches Arbeitsplatzverhalten zu erkennen. Aber auch, sich nicht mit in den Strudel ziehen zu lassen. Es gilt zu überlegen, ob sich das Problem an diesem Arbeitsplatz tatsächlich lösen lässt. Also, ob man es für wahrscheinlich hält, dass sich das/ die Gegenüber in seinem/ ihrem Verhalten ändern können und wollen. Wenn man einen Änderungsversuch unternehmen möchte, sollte man das Gespräch sehr gut – bestenfalls mit professioneller Hilfevorbereiten und idealerweise unter Zeugen, wie einem Vertreter des Betriebsrats, durchführen.

Aus meiner Erfahrung fehlt es toxischen Menschen an Offenheit und Selbstreflexion. Auch zeigen sie bisweilen narzisstische Züge, sodass durch fehlende Veränderungsbereitschaft eine nachhaltige Beserung der Arbeitsbeziehung selten von Erfolg gekrönt ist.

Wenn Gespräche keine Veränderung zum Besseren bewirken, das Gegenüber ein Gesprächsangebot ablehnt oder Sie sich – wie meine Klientin im Übrigen auch – dazu entschließen, dass alles nichts hilft, ist der Weg aus der Misere, das toxische Arbeitsumfeld aktiv zu verlassen. Keinesfalls sollte man weiterhin die schädigenden Verhaltensweisen der Kollegen oder des Vorgesetzten über sich ergehen lassen. Denn dadurch riskiert man weitere psychische und körperliche Probleme und schlimmstenfalls einen inneren Zusammenbruch. Auch wird das Privatleben darunter leiden – und all dem gilt es entgegenzuwirken.

Der Fall Susanne: Wie ging er aus?

Meine Klientin hat sich entschlossen zu gehen, nachdem wir in mehreren Sitzungen herausgearbeitet haben, welchen Anteil sie an der Misere hat – und welche das Gegenüber.

Nachdem Susanne

  • Klarheit über ihre Situation erlangte
  • Ihr diffuses Empfinden in Worte fassen konnte
  • Ihre ausweglose Situation erkannte
  • Aus dem Ohnmachtsgefühl heraus fand
  • Ihre Handlungsfähigkeit zurückgewann
  • Ihrer Wahrnehmung wieder uneingeschränkt vertrauen konnte

habe ich mit Susanne u. a. an der Stärkung ihres Selbstwertgefühls gearbeitet sowie Scham- und vermeintliche Schuldgefühle abgebaut. Daneben habe ich meine Klientin kommunikativ gestärkt: Wir spielten belastende Szenerien durch und fanden passende, souveräne Möglichkeiten der Abgrenzung. So fühlte Sie sich für die Zukunft sicher und gestärkt.

Sie erleben ähnliches und vermuten, in einem toxischen Umfeld zu arbeiten?

Sorgen Sie für sich und vereinbaren gerne ein unverbindliches Erstgespräch mit mir. Gerne stehe ich Ihnen mit meiner Erfahrung und professionelle Rat zur Seite, um den für Sie passenden Weg zu finden. Wenn Sie mögen, kontaktieren Sie mich auch einfach direkt.